
Im Görlitzer Waggonbau, der seit 175 Jahren für die Produktion von Bahnwaggons bekannt ist, stehen weitreichende Veränderungen an. Der Standort, der 1849 gegründet wurde, erfreute sich früher großer Bedeutung, indem er Personen-, Doppelstock- und später auch ICE-Triebwagen herstellte. 2019 übernahm Alstom den Betrieb von Bombardier, doch nun kündigte das Unternehmen die Schließung des Waggonbaus an. Voraussichtlich wird der Rüstungskonzern KNDS, der durch die Fusion von Krauss-Maffei Wegmann und Nexter entstand, den Standort übernehmen. Der Fokus könnte auf der Produktion von Komponenten für den Radpanzer Boxer liegen, berichtet nd-aktuell.
Die Position des Waggonbaus in Görlitz war in den letzten Jahren prekär. Alstom kündigte 2021 einen Transformationsplan an, der 1300 Arbeitsplätze in Deutschland kosten sollte. Aktuell sind noch etwa 750 Mitarbeiter im Waggonbau tätig, jedoch waren es vor zehn Jahren noch über 2000. Zudem wurde bereits im Oktober 2024 die Schließung des Werkes bis zum Frühjahr 2026 angekündigt. Das Unternehmen produziert gegenwärtig Doppelstockzüge für Israel und Wagenkästen für Straßenbahnen, die unter anderem in Leipzig zum Einsatz kommen. Doch nach der Beendigung aktueller Aufträge wird erwartet, dass es an neuen Aufträgen mangelt, wie Wirtschaft in Sachsen hinweist.
Verhandlungen um zukunftsträchtige Übernahme
Die Übernahme durch KNDS wird von lokalen Akteuren mit gemischten Reaktionen aufgenommen. Proteste gegen eine mögliche Militarisierung der Region wurden bereits organisiert, während Kritiker mehr Investitionen in den Schienenverkehr fordern. Einige Anwohner sind besorgt, dass die Umorientierung des Standorts auf Rüstungsproduktion die lange Geschichte des Waggonbaus tarnen könnte, die als bedeutend für die örtliche Identität gilt.
Es steht jedoch noch nicht fest, ob alle derzeitigen Mitarbeiter übernommen werden. Momentan gibt es Gespräche über die Modalitäten der Übernahme, also ob KNDS das Werksgelände kauft oder zunächst anmietet, was eine wichtige Rolle für die Belegschaft spielen wird. Eine Einigung in diesem Jahr scheint unwahrscheinlich, wie Sächsische.de berichtet.
Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt
Das Görlitzer Werk war einst Weltmarktführer im Schienenfahrzeugbau und erfreute sich internationaler Anerkennung. Doch gegenwärtig kämpft es um seine Existenz und stellt fest, dass die letzte Eigenentwicklung, ein Schnellzug-Doppelstockzug für die Schweizer Bundesbahnen, lange zurückliegt. Der Waggonbau hat keine aktuellen Forschungs- und Entwicklungsprojekte, was die Zukunftsperspektiven weiter trübt.
Die politische Dimension dieser Entwicklungen umfasst eine Pressekonferenz, die am 5. Februar 2024 mit Alstom, KNDS, Bundeskanzler Olaf Scholz und Ministerpräsident Michael Kretschmer stattfindet. Hier dürfte die zukünftige Nutzung des Standorts und die künftige Rolle von KNDS im Fokus stehen, während die betroffenen Beschäftigten und die Region auf die Entscheidungen warten.