
Im Jahr 2022 wurden in Sachsen insgesamt 267 antisemitische Straftaten registriert, wie die Detailauswertung parlamentarischer Anfragen der Linken im sächsischen Landtag zeigt. Leipzig stellt den Brennpunkt dieser bedenklichen Entwicklung dar, mit 87 gemeldeten Fällen, gefolgt von Dresden mit 25 und Chemnitz mit 22. In den Landkreisen Nordsachsen, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und Meißen wurden hingegen nur vereinzelt antisemitische Straftaten verzeichnet, mit 7, 4 und 1 Fall.
Eine detaillierte Analyse der registrierten Taten zeigt, dass die häufigsten Delikte Volksverhetzung (111 Fälle) sind. Zudem wurden 83 Fälle der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen registriert. In einer alarmierenden Zahl von Fällen kam es zu Sachbeschädigungen (27) und mehr als einem Dutzend Beleidigungen. Neben direkten Bedrohungen und Nötigungen wurde sogar eine gefährliche Körperverletzung verzeichnet.
Verfolgung und Verurteilung
Die Dunkelheit über der antisemitischen Kriminalität wird durch die Verfolgungspraxis verstärkt. Im Jahr 2024 gab es lediglich fünf Verurteilungen wegen antisemitischer Delikte an sächsischen Gerichten, die alle zu Geldstrafen und einmal zu gemeinnütziger Arbeit führten. Dies stellt einen besorgniserregenden Rückgang im Vergleich zu den Vorjahren dar, in denen jeweils 16 Personen im Jahr 2023 und 2022 und 26 Personen im Jahr 2021 verurteilt wurden. Die Linke in Sachsen kritisiert den mangelnden Verfolgungsdruck bei antisemitischen Straftaten, was die Bekämpfung dieser Form der Diskriminierung weiter erschwert.
Mit 267 gemeldeten antisemitischen Straftaten im Jahr 2023 ist die Zahl im Vergleich zum Rekordwert von 2022 (275 Taten) kaum gesunken. Berichten zufolge war das Landeskriminalamt im Februar optimistisch, dass die Fallzahlen einen ersten Rückgang seit Jahren zeigen, doch bleiben sie weiterhin höher als in den Vorjahren, was auf persistente und tief verwurzelte Probleme hinweist.
Gesellschaftliche Relevanz und Dunkelziffer
Die Problematik des Antisemitismus in Deutschland geht über strafrechtliche Erfassungen hinaus. Laut dem American Jewish Committee und dem Institut für Demoskopie Allensbach ist Antisemitismus nicht nur ein Phänomen der politischen Ränder, sondern hat auch in der Mitte der Gesellschaft Wurzeln geschlagen. Eine repräsentative Umfrage zeigt, dass ein erheblicher Teil der deutschen Bevölkerung antisemitische Stereotype und Ressentiments hegt. Diese Einstellungen sind besonders bei Wählern der rechtsextremistischen AfD verbreitet, die in ihrer politischen Kommunikation antisemitische Verschwörungsmythen verbreitet.
Hinzu kommt, dass sich Antisemitismus nicht nur durch strafbare Handlungen äußert. Antisemitische Vorfälle, die unterhalb der Strafbarkeitsgrenze geschehen, werden jährlich dokumentiert. Eine Untersuchung der European Union Agency for Fundamental Rights ergab, dass nur etwa 20 Prozent der Betroffenen antisemitische Straftaten zur Anzeige bringen. Das bedeutet, dass die Dunkelziffer antisemitischer Vorfälle als erheblich höher eingeschätzt werden muss.
Insgesamt bleibt die Bekämpfung des Antisemitismus eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Alle demokratischen Parteien sind gefordert, gemeinsam gegen diese Form der Diskriminierung vorzugehen und ein Zeichen für Toleranz und Respekt zu setzen. Nur so kann der besorgniserregende Trend gestoppt werden, der sich nicht nur in den Statistiken niederschlägt, sondern auch im Alltag vieler Menschen, die Angst haben, ihre jüdische Identität offen zu leben.